Entwicklungsstörung der schulischen Fertigkeiten
Einige Kinder haben starke Schwierigkeiten beim Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen. Dies kann zu Problemen in der Schule und später in der beruflichen Entwicklung führen.
Etwa 3 bis 8 % aller Kinder haben eine umschriebene Entwicklungsstörung der schulischen Fertigkeiten. Manche Kinder haben nur beim Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen Schwierigkeiten.
Probleme beim Lesen und Rechtschreiben treten häufig kombiniert auf, oft auch zusammen mit einer Sprachentwicklungsstörung: Dann hat das Kind später sprechen gelernt, einen geringen Wortschatz oder kann Sprache nicht gut verstehen.
Jungen haben häufiger eine Rechtschreibstörung, Mädchen eher Probleme beim Rechnen. Eine Lesestörung kommt bei Jungen und Mädchen gleich häufig vor.
Intelligenzdiagnostik mit zusätzlicher Teilleistungsdiagnostik und Feststellung der Leistungsstufe.
Austellung von Nachteilsausgleich-Attesten (private Leistung).
Wie äußert sich eine Entwicklungsstörung der schulischen Fertigkeiten?
Eine Lesestörung kann folgende Anzeichen haben: Ein Kind
- liest sehr langsam oder macht dabei viele Fehler.
- zögert sehr lange, bevor es mit dem Vorlesen beginnt.
- nennt den ersten Buchstaben und rät dann das Wort.
- hat Schwierigkeiten zu verstehen, was es gelesen hat.
- lässt Buchstaben aus, fügt welche hinzu oder vertauscht Wortteile.
Es kann sich um eine Rechtschreibstörung handeln, wenn ein Kind
- Wörter längere Zeit noch deutlich falsch schreibt.
- Buchstaben schreibt, die ganz anders klingen als das zu schreibende Wort.
- Buchstaben auslässt, vertauscht oder welche hinzufügt.
- Rechtschreibregeln wie die Groß- und Kleinschreibung nicht umsetzen kann.
- eine unleserliche Handschrift hat.
Eine Rechenstörung (Dyskalkulie) kann auffallen, wenn ein Kind zum Beispiel
- schon bei einfachen Rechenaufgaben wie zusammenzählen oder abziehen Probleme hat.
- ungewöhnlich lange die Finger zum Zählen zu Hilfe nimmt.
- die Grundrechenarten nur mühsam oder gar nicht erlernt.
- Zahlen verwechselt oder sie falsch zuordnet.
- Schwierigkeiten hat, sich räumliche und bildliche Informationen für kurze Zeit zu merken.
- Mühe hat, Größen und Mengen korrekt zu erfassen.
- Schwierigkeiten hat, Strategien zur Lösung einer Rechenaufgabe zu entwickeln.
Wie wird eine Entwicklungsstörung der schulischen Fertigkeiten festgestellt?
- Wenn die Probleme auffallen, ist es zunächst sinnvoll, sich mit den Lehrerinnen und Lehrern zu beraten. Ob es sich um eine Entwicklungsstörung handelt, kann von Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie festgestellt werden. Die Untersuchungen können in meiner ärztlichen Praxis stattfinden.
- Es werden unter anderem Intelligenztests und spezielle Lese-, Rechtschreib- und Rechentests gemacht.
- Körperliche Untersuchungen wie Augen- und Hörtests, die auditive und visuelle Wahrnehmungsverarbeitung, das Gedächtnis und die Aufmerksamkeitsleistungen sind wichtig, um andere Ursachen auszuschließen.
Wie verläuft die Entwicklungsstörung?
Probleme beim Lesen, Schreiben oder Rechnen fallen naturgemäß meist erst nach der Einschulung auf. Eine ausgeprägte Störung bereitet schon in den ersten Schulmonaten große Schwierigkeiten. Es kann aber auch im Vorschulalter erste Hinweise geben – zum Beispiel, wenn es einem Kind schwerfällt, Laute zu unterscheiden oder es beim einfachen Zählen Schwierigkeiten hat.
Oft bessert sich die Lesefähigkeit schneller als die Rechtschreibung oder Probleme beim Rechnen. Manche haben als Erwachsene noch Probleme bei einfachen Rechenaufgaben. Von allein legen sich die Probleme meist nicht – gezielte Unterstützung ist wichtig. Etwa eins von 100 Kindern hat eine so starke Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie), dass es kaum lesen und schreiben lernt.
Welche Folgen kann die Entwicklungsstörung haben?
- Betroffene Kinder haben im Schnitt schlechtere Noten in einzelnen Fächern. Manche Kinder haben durch die Störung auch ganz grundsätzliche Lernschwierigkeiten. Oft zeigen sie wenig bis kein Interesse am Lesen und Schreiben. Damit verbundene Aufgaben empfinden sie als stark belastend. Nicht selten fühlen sich die Kinder überfordert. Dies kann dazu führen, dass sie Angst vor der Schule haben, sich weigern zur Schule zu gehen oder morgens über Bauch- oder Kopfschmerzen klagen. In den Schulferien verschwinden diese Probleme meist wieder.
Die Situation kann für die ganze Familie belastend sein. Die Eltern sorgen sich oft um die weitere Entwicklung ihres Kindes. Sie bringen viel Zeit und teilweise auch finanzielle Mittel auf, um das Kind zu unterstützen.
Lese-, Rechtschreib- und Rechenstörungen können die Schul- und Berufslaufbahn beeinträchtigen. Sie erschweren es, einen der Begabung entsprechenden Schulabschluss zu machen und den gewünschten Beruf zu ergreifen.
Kinder und Jugendliche mit schulischen Schwächen haben oft weitere Probleme wie Verhaltensauffälligkeiten.
Welche Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?
Welche Art der Unterstützung sinnvoll ist, hängt unter anderem davon ab, wie ausgeprägt die Entwicklungsstörung ist. Es gibt folgende Möglichkeiten, ein Kind zu fördern oder zu behandeln:
- Gezielte Förderung in der Schule: Eltern können gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern beraten, wie das Kind am besten unterstützt werden kann. Auch Schulpsychologinnen und -psychologen können Ansprechpartner sein. Zudem gibt es die Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs. Das bedeutet, dass die Einschränkungen des Kindes bei der Leistungsbeurteilung oder in Prüfungssituationen berücksichtigt werden können.
- Integrative Lerntherapie mit Lese-, Rechtschreib- und Rechenübungen in Kleingruppen oder als Einzeltraining – entweder computergestützt oder mit Papier und Stift. Wie oft und wie lange ein Kind an einer Lerntherapie teilnimmt, hängt davon ab, wie stark die Entwicklungsstörung ist und welche Fortschritte es macht. Es gibt spezialisierte lerntherapeutische Praxen. Die Lerntherapie wird aber auch von ergotherapeutischen und heilpädagogischen Praxen angeboten.
- Elternberatung: Wie kann man das Kind zu Hause unterstützen? Wie lässt sich das Familienklima bessern?
Für die Unterstützungen gibt es auch finanzielle Fördermöglichkeiten. So kann das Jugendamt beispielsweise die Kosten für eine integrative Lerntherapie übernehmen.
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